Craft-Bier: Den Unterschied schmeckt man

Weinliebhaber, die über Geschmacksnoten philosophieren, kennt jeder. Aber Bierkenner, die ebenfalls so leidenschaftlich unterscheiden? Michael Solms, der Mann mit dem kleinen Bierglas auf dem Foto, ist so einer. Der Veranstalter des „1. Oldenburger Bierfestes“ begegnet dem Einheitsgetränk mit exquisiten und ausgefallenen Genüssen. 200 Biersorten aus mehr als 20 Ländern präsentiert der Gastronom aus Hannover vom 15. bis 17. Mai auf dem Schlossplatz.

Im Mittelpunkt stehen dabei Craft-Biere. Craft ist englisch und heißt Handwerk. Diese Biere werden angeblich noch mit viel Liebe nach altem Handwerk hergestellt und sollen laut Kennern besser schmecken als Industriebier. GustOL hat sich mit Michael Solms über das Thema Bier unterhalten und welchen guten Tropfen man zu bestimmten Anlässen trinkt.

GustOL: Sie haben die Produkte der großen Brauereien schon mal flapsig als „Pils-Plörre“ bezeichnet. Was stimmt denn nicht mit diesen Bieren?

Michael Solms: Mit den Bieren ist alles in Ordnung, das war wohl eine etwas überschwängliche Äußerung gegenüber den neuen deutschen Craft-Bieren. Pils ist wichtig, es ist unser aller Bier. Was mich daran stört, ist, dass es nur noch um Marketing und Profitgedanken geht. Nicht mehr um das eigentliche Produkt, sondern um ein Massenbier, bei dem man sich nicht mehr große Gedanken macht.

Und deshalb sind sie auch so beliebt?

Sie sind beliebt, weil uns propagiert wurde, dass es nur diese Biere gibt. Ganz klar Marketingstrategie, wie bei den Fernsehbieren. Das ist ein Punkt. Dieses Bier ist sehr günstig zu kriegen, wird praktisch im Supermarkt mehr oder weniger zu günstigsten Preisen verramscht. Letztendlich schmeckt es. Vergleichen Sie es mit billigen Prosecci oder billigen Weißweinen. Massenprodukten, bei denen sich nicht großartig Mühe gegeben wird.

Ist Craft-Bier so viel besser? Es wird doch auch nur mit Wasser gebraut?

Die brauen eigentlich fast nur mit den gleichen Zutaten – wenn nicht doch noch witzige Sachen hinzukommen. Es ist besser, es ist ehrlicher, definitiv. Es wird sich deutlich mehr Zeit genommen. Es stehen Menschen dahinter, keine riesigen Maschinen. Es gibt kein riesiges Werbebudget, sondern es sind Handwerker, die einen wunderbaren Job machen. Ich denke, dass es qualitativ deutlich hochwertiger ist.

Und den Unterschied schmeckt man auch, Ihrer Meinung nach?

Den schmecken Sie bei nahezu jedem Bier. Es gab vor kurzem einen Test in der Barzeitung „Mixology“, die haben Biere blind getestet. Dabei ist herausgekommen, dass das Buddelship Mitschnagger mit Abstand das beste Pils war. Und eine ganz, ganz bekannte Brauerei aus Bremen den letzten Platz eingenommen hat.

Es setzen ja jetzt auch größere Abfüller auf die Craft-Schiene. Was halten sie davon?

Ich bin der Meinung, dass alles, was dieser Szene gut tut, erlaubt ist. Köstritzer macht was Neues, Bitburger macht was Neues. Beck’s auch. Das zeigt, dass man auf diesen Zug aufspringt. Letztendlich muss der Kunde entscheiden, was ihm besser schmeckt. Ich glaube er wird das vielleicht als Einstiegsbier nehmen, wenn wir mal an das Pale Ale von Beck’s denken. Wird aber dann, wenn er die Möglichkeit hat, auf andere Craft-Biere überspringen, weil er feststellt, dass sie besser sind. Inhaltlich einfach intensiver. Vielfältiger.

Wo gibt es denn das beste Bier, wohin sollte ein Bier-Fan mal reisen.

Wenn’s auf dem Kontinent ist, würde ich nach Kopenhagen fahren. Die Dänen haben eine unglaublich hohe Qualität, was Craft-Biere betrifft. Die machen es auch schon deutlich länger als wir in Deutschland. Vielleicht in eine der zahlreichen Craft-Bier-Bars gehen und einfach diese Biere genießen. Oder über den großen Teich, wo der Gedanke der Craft-Biere entstanden ist. Ich würde nach New York fliegen. Da ist die Craft-Bier-Dichte am höchsten, also die Bars und was man da so bekommt. Generell ist Nordamerika da sehr gut bestückt.

Nun zu ihren Empfehlungen. Welches Bier sollte man zu welchen Gerichten oder Anlässen trinken – beispielsweise zur Pizza?

Wenn es schräge Sachen sein dürfen, würde ich vielleicht ein Craft-Bier aus Italien nehmen. Die experimentieren nämlich mit Oregano. Aber da Pizza ein fruchtiges Erlebnis ist, passen da sicherlich eher die fruchtigen Ales oder Pale Ales.

Zu gegrilltem Fleisch?

Immer Röstaromen gegen Röstaromen. Am besten ein Porter oder ein schönes Stout. Also diese malzigen Röstaromen und das geröstete Fleisch, das passt super.

Es ist grad wieder Saison: zu Spargel?

Da würde ich eine leichte Hopfen-Weisse nehmen. Grasige Aromen und Malzigkeit würde ich auf jeden Fall zu Spargel empfehlen.

Und zur Region. Grünkohl:

Schwierig. Zu dem Dichten, Gemüsigen würde wohl ein Doppel IPA (India Pale Ale) mit acht Prozent passen oder vielleicht das Camba Bavaria Imerial Stout.

Zum Entspannen am Tresen:

Einfach ein gut gezapftes Pils. Vielleicht ein regional gebrautes.

Zu einem Date oder Rendezvous:

Da würde ich mit einem Fruchtbier starten. Ein Pecheresse. Ein Pfirsichtfruchtbier aus Brüssel. Da ist nicht so viel Alkohol drin. Nicht dass die Dame denkt, man würde sie willenlos machen.

Vor dem Schlafengehen:

Was Süßes. Vielleicht ein Pirate Bomb. Ein Stout, ähnlich wie ein Guiness. Nur in einer viel stärkeren Version. Das lagert dann noch etwa ein halbes Jahr in einem Rumfass. Da kommt dann was bei rum, das zwischen einem sehr guten Rum und Baileys schmeckt. Und dazu ein Stückchen Schokolade.

Vielen Dank für das Gespräch!