Wie bestialisch ist das Bestial in Oldenburg?

Bestial – erinnert irgendwie an bestialisch. „Wie kann man ein Restaurant bloß so nennen?“, frage ich Anna. „Soll aber gut sein“, antwortet sie mit einem schelmisch-fordernden Grinsen. Alles klar, der Plan für unseren neuen Test steht. Heute begleitet uns Timo, der beim Anblick der Mittagstisch-Karte im Internet einen mächtigen Spontan-Hunger entwickelt hatte.

„Guck mal, da kann man sogar schon vorbestellen“, sagt  Anna und zeigt auf den Bildschirm. Mit diesem Prozedere soll man bei Ankunft nur noch maximal 15 Minuten warten müssen, ansonsten bekommt man das Essen umsonst, wirbt das Bestial auf seiner Homepage. Ich gebe meine E-Mail-Adresse und meine Handy-Nummer ein – angeblich soll ich jetzt einen Code bekommen, um die Gerichte zu ordern. Pustekuchen. Nach einer Stunde ist immer noch nichts da*. Wir drei marschieren dann einfach so los.

Viel los ist um kurz vor zwei nicht, wir wählen einen Platz am Fenster und genießen erst mal ein wenig das Ambiente – denn schick eingerichtet ist der Laden ja schon. Dunkle Hölzer, feines Licht-Design und alles in ansprechenden Formen. Aus den Boxen haucht eine weiche Frauenstimme die Textzeilen zu einer Soft-Jazz-Version von Kylie Minogues „Can’t Get You Out of My Head“. Hier kann man es aushalten.

Unsere Gerichte haben wir relativ schnell gewählt. Das Warten auf Bestellung und Essen dauert dagegen etwas länger. Die Bedienungen sind sehr freundlich – aber eher im Dschungelbuch-Balu-Modus.

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Von diesen leckeren Nudeln träumt GustOL immer noch.

Nach etwas über einer halben Stunde seit Ankommen stehen dann auch endlich meine Bandnudeln Gemüse-Thai (8,90 Euro) vor mir. Und entschädigen für die Wartezeit voll und ganz. Es ist wohl das leckerste Pasta-Gericht, das ich seit Jahren gegessen habe. Knackig zarte Erbsen-Schoten, Tomatenstückchen, herzhafte rote Zwiebeln und anderes buntes Gemüse bieten immer wieder neue Geschmacksfunken zu dem großen Aromafeuerwerk der Soße. Pikant, fruchtig, sahnig, exotisch – meine Glücks-Synapsen tanzen Samba.

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Poesie aus dem Meer: Dieser Fisch ist ein Gedicht.

Zander – Risotto – Tomate: Was so kurz und knapp auf der Karte als Mittagstisch angeboten wird, entpuppt sich auf  Annas Teller nicht nur optisch, sondern vor allem geschmacklich als gelungene Komposition. Die fruchtige, weil geschmorte Tomate harmoniert wundervoll zum außen kross gebratenen und innen zart-weichen Zanderfleisch, der auf einem schlotzigen aber noch bissfesten Spinat-Risotto – ja, man muss es so nennen – gebettet ist. Hört sich himmlisch an, ist es auch. Findet Anna zumindest – und tunkt ihre voll beladene Gabel wie zur Bestätigung noch mal ordentlich in den dazu gereichten Zitronenschaum.

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Dritte Wahl, aber trotzdem sehr lecker: Timos Campanelle mit Hähnchen und Champignons.

Timo hätte ja liebend gern auch meine Bandnudeln gehabt oder den Fisch von Anna – aber das Gleiche bestellen wollte er dann doch nicht. Also weicht unser Kollege auf Campanelle mit Hähnchen und Champignons (9,90 Euro) aus – und fährt sehr gut damit. Die hausgemachte Pasta ist wunderbar mit den Aromen von Pilzen und Sauerrahm durchsetzt, die Paprika daneben knackig, das Fleisch noch zart, schwärmt Timo. Doch dann nimmt er doch einen Happen von meinen Nudeln. „Hach, das wäre doch die bessere Wahl gewesen“, ärgert er sich – aber nur kurz. „Bei dem Preis kann man einfach nicht meckern“, sagt Timo, und nimmt genussvoll den nächsten Bissen seines Gerichts.

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Bestialischer Geschmacksorgasmus: Annas Maracuja-Pana-cotta hat auch bei GustOL einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Während ich noch immer von den Nudeln schwärme, ordert Anna noch einen Nachtisch. Als sie den ersten Löffel von ihrem Maracuja-Pana-cotta nimmt und auf einmal ein sinnliches Summen ertönt, werde ich hellhörig. Wissend-grinsend schiebt sie mir das bunte mit Beeren und Soße garnierte Schälchen rüber. „Probier mal, GustOL“. Gesagt, getan – und schnell wird mir klar, was mit dem Spruch „Essen ist der Sex des Alters“ gemeint ist. Dieser butterweich schmelzende Fruchtgenuss ist Verführung pur.

* Kurz vor der Aktualisierung haben wir das Reservierungssystem noch mal getestet – und siehe da: Der Code wurde zugeschickt.

 

Essen: 5 von 5

Service/Freundlichkeit: 3,5 von 5

Ambiente: 4,5 von 5

Preis/Leistung: 4 von 5

Fazit: Top-Essen in feiner Atmosphäre, netter Service, der etwas flotter sein könnte. Preise nicht ganz günstig, aber absolut angemessen. Wer mittags etwas Zeit übrig hat, sollte das Bestial auf jeden Fall mal probieren.

 

Restaurant Bestial, Theaterwall 20, 26122 Oldenburg, Telefon: 0441/2176714, Montag bis Samstag von 10.30 Uhr bis 23 Uhr; Sonntag von 17 bis 23 Uhr