Wie ritterlich schmaust es sich in der Kleinen Burg?

Ich bewundere an  Frauen, wie sie immer wieder geschickt ihren Willen durchsetzen und Ida ist eine Meisterin in dieser Disziplin! Diesmal bin ich sogar heilfroh darüber. Nicht nur einmal hat sie mir den Mittagstisch in der „Kleinen Burg“ schmackhaft gemacht. „Der Laden ist klasse, und auch meine Freundinnen schwärmen davon“, sagt sie – nicht zum ersten Mal. Anfangs bin ich noch skeptisch, weil ich etwas höhere Preise im Kopf habe, aber irgendwann gebe ich nach und frage Ida: „Willst du mein Burgfräulein sein?“

Meine alte Schulkameradin überlegt  nicht lange und schon am nächsten Tag stehen wir in der Burgstraß und treten ein. Ordentlich was los, denke ich und bewundere die schnuckelige Einrichtung mit den vielen sichtlich gut gelaunten Leuten. Prompt empfängt uns ein adretter, freundlicher Kellner und führt Ida und mich zu einem Platz im hinteren Raum. Ein wenig eng bestuhlt, aber alles wunderbar hell und mit viel Liebe zum Detail eingerichtet. Sehr geschmackvoll!

 

Auf der Karte gibt es einiges zur Auswahl.

Wir sitzen grad eine Minute, schon kommt unsere Kellnerin, gibt uns  freundlich die Mittagstischkarten und fragt, was wir trinken wollen. Wow! Und der schnelle Zauber geht so weiter: Vier Minuten später stehen unsere großen Apfelschorlen vor uns und die Kellnerin notiert unsere Essenwünsche.  Und zack, zack – weitere 11 Minuten später steht unser Essen auf vorgewärmten (!) Tellern vor uns. Unglaublich, wie flott die hier sind, und alles passiert mit einer professionellen Lässigkeit.

Rein optisch können sich meine drei Schweinefilets im Speckmantel schon mal sehen lassen. Serviert wird es in einer Brandy-Pfeffer-Rahm-Soße. Dazu gibt es Ratatouille, Vanille-Möhren, kandierte Tomaten und Kartoffel-Rote-Beete-Püree. Garniert ist das Ganze mit kleinen, bunten Creme-Klecksen, die es zu einer regelrechten Komposition machen.  „Wenn es so schmeckt, wie es aussieht und riecht, geb‘ ich jetzt schon mal die volle Punktzahl“, prophezeie ich.

 

GustOL meint: Das Schweinefilet im Speckmantel ist der Hammer. Ein Geschmacksorgasmus.

Doch Ida scheint gar nicht zuzuhören. Wie ein Kind an Heiligabend strahlt sie über ihren Teller – die Finger schon an Messer und Gabel, die Nase schnuppernd in den hoch steigenden Dämpfen.  Jetzt ist einfach keine Zeit für Worte, jetzt wird genossen. Bei mir zumindest. Über jedes einzelne Detail vom Fleisch bis zu den Creme-Klecksen könnte ich ganze Absätze schreiben, weil alles anders schmeckt, für sich besonders und einfach nur pfiffig und gut. Das zarte Fleisch genügt höchsten Ansprüchen und auch die Menge kann sich sehen lassen: Jedes der drei Filets wiegt gefühlt etwa 80 bis 90 Gramm. Meine Eiweisration ist für heute also gesichert. Der Brandy-Pfefferrahm ist der Hammer, und alle anderen Bestandteile kitzeln sämtliche Aromazentren, die unser Hirn zu bieten hat. Ein wahrer *pardon* Geschmacksorgasmus wird hier geboten.

Ida geht es kaum anders, sie schwebt regelrecht in anderen Sphären. „Dir scheint es ja auch zu gefallen, mein Burgfrollein“, wecke ich sie leicht keck, „und was isst du da eigentlich noch mal?“

„Mähh, ich war mal ein Lamm“, verrät sie mir mit Blick auf ihren Teller, und weiter: „Lamm esse ich, wenn überhaupt, nur beim Griechen oder in richtig guten Restaurants. Sonst schmeckt es manchmal, wie ein altes Schaf riecht. Ganz gruselig! Aber dieses hier…“, murmelt Ida, schluckt einen Bissen runter und klopft mit dem Messer auf das Fleisch, „… ist ein Gedicht! Es  ist unbeschreiblich zart und das Drumherum passt hervorragend dazu!“

 

Die Lammhüfte orientalisch entführt Ida in ein Geschmacksmärchen von 1000 und 1 Nacht.

„Was sind denn das für interessante Beilagen?“, frage ich neugierig. „Also insgesamt ist es Lammhüfte orientalisch, mit Kichererbsencreme, Ras El-Hanout, geschmorter Aubergine und Batata harra. Aber frag mich nicht, was Ras El-Hanout ist! Was ich dir aber verraten kann: Alles zusammen ist es einfach perfekt! Optisch eine Augenweide und geschmacklich kaum zu überbieten!“

Nun bin ich mehr als gespannt. Wir tauschen also unsere Teller. Irgendwie auch ungern – denn so gut wie meins kann Idas Menü ja kaum sein.
Okay, …geirrt!
Ich muss meinem Burgfrollein Abbitte leisten. Sie hat recht. Die Lammhüfte ist genial. „Einigen wir uns auf unentschieden?“, sage ich im ritterlichen Ton. Sie nickt wohlwollend höfisch, fordert aber mit einer eindeutigen Geste ihren Teller zurück.

Fast zeitgleich haben wir unsere Teller leergeputzt und sind aufgrund der ordentlichen Menge pappsatt. Trotzdem können wir nicht genug bekommen und kratzen mit dem Messer auch noch die letzten Soßenreste von unseren Platten. „Na, GustOL, habe ich dir zu viel versprochen? Mir war ja bewusst, dass ich mich mit meiner Schwärmerei auf dünnes Eis gewagt habe, es hätte ja rein theoretisch auch mal nur halb so gut wie sonst sein können. Ich habe aber wirklich noch nie davon gehört, dass jemand die Kleine Burg unzufrieden verlassen hat – und meinen kulinarischen Ohren entgeht eigentlich nichts!“ Na ja, das war nun etwas dick aufgetragen, aber Idas Schwäche für gutes Essen ist wirklich nicht zu leugnen.

Rundum zufrieden mit dem Essen und dem Service lassen wir unsere Blicke schweifen und saugen die Atmosphäre der Kleinen Burg auf. „Schau mal, GustOL, hast du schon die Fotoecke entdeckt?“ Tatsächlich fällt eine Wand mit allerhand Schnappschüssen auf, auf denen offenbar auch einige Familienfotos zu sehen sind. „Irgendwie kommt es mir gerade so vor, als wäre ich zu Gast bei Freunden, so gemütlich ist es hier“, schwärmt meine Begleiterin. Stimmt auch irgendwie: Selbst die Toiletten laden zum Verweilen ein- und die verschiedensten Badutensilien haben bestimmt schon einige Gäste aus manch misslicher Lage befreit.

„Weißt du was? Das Einzige, was ich jetzt und hier gerne ändern würde, ist die Anzahl der Tische im Lokal. Wollen wir ein paar davon raustragen?“, scherzt Ida. „Ich finde, man sitzt zu eng zusammen, wenn jeder Tisch besetzt ist. Vor allem in einem so schönen Restaurant möchte ich ein bisschen mehr Intimsphäre genießen.“

Am Ende sind wir uns einig:  Beim Essen machen wir heute mal eine Ausnahme. 6 von 5 Punkten. Geht rechnerisch eigentlich gar nicht, aber wozu ist man Chef.  Es war einfach zu lecker.

 

Essen: 6 von 5

Service: 5 von 5

Ambiente: 4,5 von 5

Preis/Leistung: 5 von 5

Fazit: Was für ein ritterlicher Schmaus in der (Kleinen) Burg. Das hier ist eine ganze Klasse besser, als die sonstigen Top-Speisen, die wir schon hatten. Der Preis fällt zwar etwas höher aus, aber trotzdem ist dieser Mittagstisch ein Schnäppchen.

 

Kleine Burg, Burgstraße 2, 26122 Oldenburg, Telefon 0441/158 55, Mittagstisch: montags bis freitags von 12 bis 15 Uhr und samstags von 12 bis 16 Uhr.