Schmeckt’s wirklich so toll? Der Craft-Bier-Test

Bierfest-Veranstalter Michael Solms hat nicht zu viel versprochen: Im Vergleich zum Industrie-Pils der bekannten Marken würde man den Unterschied bei nahezu jedem Bier schmecken. Nun denn, er war so freundlich und hat uns zehn Sorten Craft-Bier aus aller Welt zum Testen geschickt. Und sie waren tatsächlich alle anders – aber nicht immer besser. Weiterhin haben wir noch zwei Craft-Biere aus der Region dazugepackt. Das Vareler Tide Trüb und das Oldenburger OLs.

Mein Chef Denis hat sich bereiterklärt, zum Testen für die urlaubende Anna einzuspringen. Ein weit gereister Mann, der fast überall auf der Welt ein Bierchen gezischt hat. Für die weibliche Note sorgt diesmal Kollegin Ingrid, die nicht offiziell mittesten wollte, aber trotzdem mitgeredet hat. Insgesamt waren wir fast immer auf einer Wellenlänge, nur selten kam es mal wirklich zu Differenzen. Aber nun zum Wesentlichen:

Denis‘ Favoriten

Camba Imperial IPA:

Bei dem Wort „Imperial“ muss ich immer an das böse Imperium aus „Star Wars“ denken – die Flasche sieht allerdings so überhaupt nicht nach Space-Opera aus, sondern eher nach Goa-Party. Dafür macht mich der „Mit Zitrusnote“-Hinweis auf dem Label ziemlich neugierig. Riechen tut es jedoch irgendwie nach Pfirisich. Nichtsdestotrotz: Es schmeckt höllisch erfrischend mit einem sehr herben Abgang, ohne irgendwie unangenehm aufzufallen. Dass dieses Bier aus Oberbayern stattliche 8,7 Prozent Alkohol haben soll, will man da kaum glauben.

Gesamturteil: Sehr lecker, anders, spritzig, kann ich mich dran gewöhnen. 8 von 10 Punkten.

Strong Suffolk Dark Ale:

Eine Milka-Kuh mit Aggressionsproblemen und Krone zwischen den Hörnern? Das Label der Bierflasche irritiert zunächst. Der Inhalt ist extrem malzig und süßlich. Und Schokolade (aus Alpenmilch?) soll auch mit drin sein. Irgendwie habe ich auch eine Kirschnote geschmeckt – aber auf diese Knospen meiner Zunge ist nur selten Verlass.

Gesamturteil: Das Bier für den Weinkenner – extrem komplex im Geschmack.Von diesem lecker Zeug hat man lange was im Mund. 7,5 von 10 Punkten.

Kona Big Wave:

„Liquid Aloha“ steht auf der Flasche dieses hawaiianischen Brauerzeugnisses. Und tatsächlich: Das ist DAS optimale Craft-Bier für Strand oder Baggersee. Eiskalt ein absolut guter Bierdurstlöscher. Und mit 4,4 Prozent Alkohol kein Schädelspalter. Habe ich schon das Weltklasse-Etikett erwähnt? Ein Hingucker.

Gesamturteil: Würde TV-Detektiv Thomas Magnum nicht so auf „Old Dusseldorf Beer“ (gebraut in Maryland) stehen, dann würde er wahrscheinlich Big Wave trinken. 7 von 10 Punkten.

Geht überhaupt nicht:

Brewdog Jack Hammer:

Jackhammer heißt übersetzt Presslufthammer – und so schmeckt das Bier auch. Man guckt zwangsläufig auf das Haltbarkeitsdatum der Flasche, um sicherzugehen, dass da nichts im Kühlschrank schlecht geworden ist.

Gesamturteil: Brewdog heißt die schottische Brauerei, die hierfür verantwortlich ist. Brewed Dog (gebrauter Hund) wäre in diesem Fall der passendere Name. 1 von 10 Punkten.

Strong Suffolk Dark Ale
Strong Suffolk Dark Ale
GustOLs Nr. 1, bei Denis auf Platz 2: Das Bier für den Weinkenner – extrem komplex im Geschmack.Von diesem lecker Zeug hat man lange was im Mund. 8,5 bzw. 7,5 von 10 Punkten.
« 1 von 7 »

GustOLs Favoriten

Strong Suffolk Dark Ale:

Zum Fläschchen hat Denis schon alles Wesentliche geschrieben. Für ein Stout ist es sehr süffig. Das Malzig-Schokoladige dominiert, und es ist nur wenig bitter.

Gesamturteil: Angenehmer Geschmack mit vielfältigen Noten. Geht runter wie das sprichwörtliche Öl. 8,5 von 10 Punkten.

Ratsherrn Springbock:

Dieser Springbock aus Hamburg macht richtig Bock auf Bier. Angeblich inspiriert vom südafrikanischen Frühling punktet er mit milden Hopfen- und Fruchtnoten. Die leichte Süße versteckt den Alkohol von 7,5 Prozent.

Gesamturteil: Ein Starkbier, das auch Frauen gefallen dürfte. 8 von 10 Punkten

Belhaven Scottisch Oat Stout:

Ganz dunkel, ganz malzig: Drei Sorten Malz sind drin und machen diese Note sehr komplex. Ein wenig röstig und schokoladig ist dieses Stout auch. Dieses Belhaven könnte ein Bruder im Glase vom Strong Suffolk Dark Ale sein – nur etwas bitterer im Abgang.

Gesamturteil: Dieser starke Schotte ist ein wahrer Gentleman mit Charakter. 7,5 von 10 Punkten.

Das bleibt besser in der Flasche

Kona Castway:

Zwar nicht so ein „Beast“ wie der sehr spezielle Jack Hammer, aber auch keine leichte Kost. Nach dem ersten Schluck zieht’s bei Ingrid die Mundwinkel nach unten wie bei Grumpy Cat. Die Flasche ist ähnlich wie bei dem anderen Kona-Bier, Big Wave, schön hawaiianisch gestaltet, das war es aber auch schon. Der Abgang ist säuerlich-metallisch.

Gesamturteil: Castaway heißt auf Englisch unter anderem Verstoßener. Genau diese Rolle nimmt dieses Gebräu auch bei uns ein. 2 von 10 Punkten.

Fazit: Es ist unglaublich, wie unterschiedlich Biere schmecken können. Einige Craft-Bier-Sorten sind für den gewöhnlichen Pils-Trinker wohl etwas zu exotisch. Andere erweitern auf angenehme Weise den Bier-Horizont. Probiert’s einfach mal aus.